Fähigkeiten (engl.: Capabilities) werden gemeinhin als integraler Bestandteil der Geschäftsarchitektur verstanden. Im BIZBOK® Guide (A Guide to the Business Architecture Body of Knowledge®) bspw. findet sich das Konzept der „Capability“ folgendermaßen definiert: „A particular ability or capacity that a business may possess or exchange to achieve a specific purpose or outcome.“
So weit, so gut, aber was ist es eigentlich, worauf eine Capability beruht bzw. woraus sie sich ergibt? Ist es tatsächlich die Kombination aus Mensch, Prozess und Technologie, die in diesem Zusammenhang häufig genannt wird? Aus unserer Sicht greift diese Formel zu kurz. Es gibt durchaus weitere Aspekte, die dazu beitragen, ein Business dazu zu befähigen, etwas zu tun bzw. es gut in etwas werden zu lassen (wie z.B. der Erfassung und der Interpretation von Kundenpräferenzen, dem Design von Produkten oder der Abwicklung von Bestellungen). Es ist daher ganz wesentlich, dass Ansätze wie bspw. das Capability-Based Planning eine ganzheitlichere Sichtweise einnehmen, die nicht auf Mensch, Prozess und Technologie beschränkt ist. Um dies zu veranschaulichen, starten wir zunächst mit einer kleinen Analogie: die „Fähigkeit“ eines Fußballteams, erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
Die Analogie eines Fußballteams
Inwiefern eine Fußballmannschaft dazu fähig ist, die Teilnahme an einem Wettbewerb erfolgreich zu gestalten, hängt sicher ganz wesentlich von der individuellen Klasse des Spielermaterials ab. Es braucht jedoch mehr als das, denn ansonsten wären die Abschlusstabellen einer jeden Saison sehr viel stärker voraussagbar.
Ein Aspekt, der ein Team erfolgreicher bzw. weniger erfolgreich machen kann, ist der Umstand, wie gut es in einer bestimmten Formation (z.B. 4-4-2) organisiert ist und zu welchem Grad es während eines Spiels zwischen verschiedenen Systemen umschalten kann. Dann gibt es Teams, die mit herausragenden Spielzügen aufwarten oder sich bei Standardsituationen hervortun. Andere zeichnen sich durch ihre Siegermentalität oder einen herausragenden Teamgeist aus, d.h. mit Spielern, die füreinander kämpfen, nicht aufgeben und von einem enormen Siegeswillen getrieben sind. Präzise Informationen über den Gegner können auch einen Unterschied machen. Schlussendlich braucht es auch eine gute Ausrüstung: auch wenn diese womöglich nicht differenzierend ist im professionellen Fußballsport, sind beispielweise qualitativ hochwertige Fußballschuhe unabdingbar.
Zurück zur Geschäftsarchitektur
Nun übertragen wir das Beispiel aus dem Sport auf Capabilities im Kontext der Geschäftsarchitektur und lösen es in einige wesentliche Fragen auf, die es zu adressieren gilt, wenn man sich mit der Konfiguration von Capabilities auseinandersetzt:
- Vordefinierte bzw. einstudierte Spielzüge und Standardsituationen entsprechen dem, was Prozesse in der Geschäftsarchitektur darstellen. Die zu adressierende Frage lautet: „In welcher Abfolge und in welcher Geschwindigkeit und Qualität führen wir bestimmte Aktivitäten durch (bzw. sollten es tun)?“
- Die Formation eines Teams ist vergleichbar mit dem, was der Aspekt der Organisation in der Geschäftsarchitektur ist, wie durch folgende Frage zum Ausdruck gebracht: „Wie sind wir als Business organisiert und strukturiert (bzw. wie sollten wir es sein) und wie sind die Verantwortlichkeiten innerhalb dieser Struktur verteilt?“
- Individuelle Klasse ist etwas, was in der Geschäftsarchitektur durch die Dimension „Mensch“ abgedeckt wird. Die relevante Frage lautet: „Welche Kompetenzen und Expertise besitzen wir in bestimmten Bereichen, und in welchem Umfang sind diese vorhanden?“
- Wissen über den Gegner ist auf Informationen als Bestandteil der Geschäftsarchitektur abbildbar bzw. übertragbar. Die entsprechende Frage lautet: „Welche für bestimmte Aspekte unseres Business relevante Informationen stehen uns zur Verfügung (bzw. sollten es tun)?“
- Die Ausrüstung korrespondiert zu physischen und technologischen Ressourcen in der Geschäftsarchitektur. Mit was es sich auseinanderzusetzen gilt, ist Folgendes: „Welche(s) Materialien, Equipment, Einrichtungen, Maschinen und Werkzeuge stehen uns zur Verfügung (bzw. sollten es tun), um einen bestimmten Bedarf bzw. Zweck zu erfüllen?“
- Siegermentalität und Teamgeist entspricht dem, was Kultur in der Geschäftsarchitektur darstellt. Die wesentliche Frage hier lautet: „Wie verhalten wir uns und machen wir die Dinge hier typischerweise (bzw. wie sollten wir es machen)?“
Mit Blick auf Beispiele aus der Praxis lässt sich sicher argumentieren, dass es für Capabilities durchaus eine wesentliche Existenzgrundlage unter den genannten Punkten geben mag. Ein Business mag also gut in etwas sein, weil eine der Facetten besonders gut entwickelt bzw. ausgeprägt ist. Insgesamt jedoch können alle dieser den Zustand einer Capability in einem gewissen Maße beeinflussen, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass sie üblicherweise nicht unabhängig voneinander sind (z.B. erfordern hoch-qualitative Prozesse besonders qualifiziertes Personal und / oder andere Ressourcen, die hohen Ansprüchen genügen).
Zusammenfassung und Fazit
Wie skizziert sind es mehr Dimensionen als Mensch, Prozess und Technologie, die zur Bildung einer Capability kombiniert werden können. Unser Ansatz schlägt vor, dass Prozess, Organisation, Mensch, Informationen, physische und technologische Ressourcen sowie die Kultur hier Berücksichtigung finden sollten. Nicht alle dieser Aspekte bedürfen zwingend einer Abbildung bzw. Formalisierung in „Blueprints“, jedoch ist man als Business Architect gut beraten, sich mit allen Dimensionen sorgfältig auseinanderzusetzen, wenn es um die Betrachtung oder (Re-)Konfiguration von Capabilities geht.
Wenn Sie mehr über Capabilities und die verschiedenen Facetten ihrer Realisierung erfahren möchten, könnten unsere Business Architecture Kurse für Sie interessant sein. Gerne auch greifen wir Ihre Sicht auf Capabilities und ihre zugrunde liegenden Elemente in einem gemeinsamen Gespräch auf. Bei Interesse freuen wir uns über eine Nachricht.