Der Entwurf von Capability Maps, die Entwicklung von Zielarchitekturen und Roadmaps und die Formulierung von Architekturprinzipien sind das Eine, solche Ergebnistypen in der Organisation erfolgreich zu „vermarkten“ das Andere. Tatsächlich können diese Arbeitsprodukte für manch einen Stakeholder zunächst einmal ein wenig abstrakt bzw. von der eigenen täglichen Praxis weit entfernt erscheinen. Um denjenigen trotzdem mitnehmen zu können und dafür zu sorgen, dass Botschaften hängen bleiben, sind Ansätze gefragt, die es erlauben, die Dinge für den Zuhörer zugänglicher und nachvollziehbarer zu machen. Dort kommt Storytelling ins Spiel.
Storytelling ist nicht erst heute ein wichtiges Thema im Business-Kontext, jedoch scheint es in den vergangenen Jahren durchaus noch an Bedeutung gewonnen zu haben, speziell in Bezug auf Architekturfragestellungen. Das liegt zum einen an der heutigen Schnelllebigkeit. Unternehmen müssen sich (und ihre Architekturen) zügiger und häufiger an veränderte Gegebenheiten anpassen. Es entsteht somit immer wieder Erklärungsbedarf in der Organisation. Diesem gerecht zu werden, kann durch den Einsatz von Stories erleichtert werden. Dazu kommt, dass sich auch die Unternehmenskulturen und individuellen Erwartungen vielerorts geändert haben. Die Menschen wollen heutzutage stärker mitgenommen werden und wirklich verstehen, wohin die Reise geht und warum. Schließlich sind auch die Themen mitunter komplexer geworden, was sich wiederum in den heutigen Architekturen widerspiegelt. Eine fesselnde Geschichte wird dabei helfen, solche Dinge für den Zuhörer „bekömmlicher“ zu machen.
Was ist eine Story?
Stories können „groß“ und in Hollywood-Manier aufbereitet sein, mit wohldurchdachten Handlungsstrukturen inkl. Gegensätzen und Wandlungen, steigender Spannung, der Entstehung und Auflösung von Konflikten, und einem Helden, der einem Schurken gegenübersteht. Geschichten können jedoch auch „klein“ und eher anekdotenhaft sein, was mehr dem entspricht, wie wir tagtäglich über Dinge berichten. Beide Typen von Stories können dabei helfen, etwas im relevanten Business-Kontext darzustellen bzw. zu veranschaulichen. Ob groß oder klein, ausschlaggebend dafür, dass eine Erzählung tatsächlich eine Story darstellt, ist Folgendes:
- Eine Story strukturiert die Erzählung typischerweise entlang einiger Schritte bzw. Teile.
- Eine Reihe von Fakten und Argumenten bildet noch keine Story. Eine Story beschreibt, dass bzw. wie sich etwas ereignet. Typischerweise beginnt eine solche Darstellung aufeinander-folgender Ereignisse mit Zeit- und Ortsangaben.
- In einer Story tauchen üblicherweise Menschen auf. Insofern kann eine Story auch im Business-Kontext durchaus Dialoge beinhalten.
- Eine Story muss die Dinge nicht notwendigerweise in einer strikt linearen Art und Weise von „Situation“ über „Complication“ zu „Resolution“ präsentieren. Es kann Wendepunkte geben, die zu einem Auf und Ab und insofern zu Iterationen zwischen Komplikation und Lösung führen. Zumindest sollte eine Story etwas Unerwartetes an einem gewissen Punkt enthalten, was eine Art „Aha“-Moment für den Zuhörer erzeugt.
Warum Storytelling?
Was ist es nun, dass Stories so wirkungsvoll und daher relevant im Architekturkontext macht?
Zunächst einmal geben sie den Dingen eine praktische Bedeutung. Durch eine anschauliche Darstellung ihres Einsatzes und Nutzens können Stories abstrakte Dinge wie Capability Maps und Architekturprinzipien anfassbarer machen und somit deren Mehrwert belegen.
Zudem sind Stories einprägsam. Beispielsweise lässt sich eine Geschichte zu einem Sportereignis erzählen, um den Zuhörern einen Satz von Architekturprinzipien vorzustellen. Typische Prinzipien wie z.B. der Einsatz von Standards und modulares Design lassen sich gut erläutern, indem man z.B. auf die Standardmaße des Spielfelds und die Tatsache, dass Spieler darauf in der Regel bestimmte Positionen einnehmen (z.B. Torhüter oder Stürmer) verweist. Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel einprägsamer sein als eine klassische, rein sachliche Präsentation der Prinzipien.
Schließlich erlauben es Stories auch, Emotionen zu transportieren. Zum Beispiel können sie die Zuhörer zurück in die Vergangenheit führen und sie nochmal den „Schmerz“ spüren lassen, den sie in früheren Vorhaben ohne einen geeigneten Architekturansatz ggf. erleiden mussten. Das macht es wahrscheinlicher, sie zum Handeln bewegen zu können, was essenziell dafür ist, um aus der Beschäftigung mit Architekturangelegenheiten eine kollaborative Praxis machen zu können.
Wann lässt sich Storytelling als Architekt einsetzen?
Architekten können in verschiedenen Situationen vom Einsatz des Storytellings profitieren. Das kann z.B. der Fall sein, wenn Sie gefordert sind zu erläutern, worum es im Architekturmanagement oder bei einem bestimmten Ergebnistyp geht und wie damit ein Mehrwert für die Organisation erzeugt wird. Eine Story kann dabei helfen, der kognitiven Verzerrung („confirmation bias“) in Teilen der Zuhörerschaft, d.h. der Bereitschaft, nur das zu sehen bzw. zu akzeptieren, was der eigenen Meinung entspricht (wie z.B. „Wir sind seit Ewigkeiten gut ohne Architekturmanagement gefahren“ oder „EAM ist zu zeitaufwändig“), wirksam zu begegnen und zu verhindern, dass man mit seiner Idee bzw. seinem Ansatz unmittelbar zurückgewiesen wird. Darüber hinaus kann eine Story auch dabei helfen, das Neue und Unbekannte einfacher greifbar zu machen und eine bestimmte Botschaft zu senden zu bzw. zu stressen.
Einen spezifischen Liefergegenstand bzw. einen Blueprint, der gerade erzeugt wurde, zu kommunizieren bzw. diesem Akzeptanz zu verschaffen, ist ein weiterer wichtiger Use Case. Eine Story hilft dabei, die Zuhörerschaft durch den entsprechenden Entstehungsprozess zu führen und Gründe für bestimmte Entscheidungen, die entlang dessen gemacht wurden, mitsamt der damit einhergehenden Veränderungen zu veranschaulichen. Sie schafft daher die erforderliche Klarheit in Bezug auf das „Warum“, „Was“ und „Wie“ der Geschehnisse.
Storytelling ist somit offensichtlich zu einem ganz wesentlichen Bestandteil in der breiten Palette an Skills geworden, die man als Architekt benötigt. Sind Sie ein Unternehmensarchitekt oder IT-Architekt und möchten gerne mehr über den Einsatz von Storytelling erfahren, könnte unser Kurs „Storytelling für Architekten“ für Sie von Interesse sein. Für Business Architekten bieten wir einen Spezialkurs „Business Architecture Storytelling“ an. Als Certified Business Architect® (CBA®) können Sie dort Continuing Education Unit (CEU) Credits sammeln. Nehmen Sie bei Fragen und Wünschen gerne Kontakt mit uns auf.